Ein Jahr Pandemie

Seit nun mehr über einem Jahr versuchen wir mit den Widrigkeiten der CoVid-19-Pandemie bestmöglich umzugehen. Dass diese Situation auch insbesondere in der Jugendarbeit große Herausforderungen offenbart, das ist uns allen ja hinlänglich bekannt. Wie seid Ihr im Jahr 2020 damit umgegangen und wie sieht Eure Planung für das Jahr 2021 aus? Wenn man das Positive in den Vordergrund stellt, so sieht man schnell, dass gerade in dieser Situation viel Kreativität an den Tag gelegt wurde, trotzdem ist natürlich die freudige Erwartung auf eine wiederkehrende Normalität deutlich spürbar.

Für die zweite Ausgabe 2021 unseres „Powidltascherls“ haben wir eine Sammlung von Erfahrungen zusammengestellt, wie denn Mitglieder und Gruppen durch diese Zeit kommen und dabei trotzdem die Arbeit am Laufen halten. 

Ein Jahr ohne Tracht? Unvorstellbar, wenn man bereits sein ganzes Leben oder Viele Jahre zur Egerland-Jugend gehört, aktiver Egerländer ist und keine der jährlichen Veranstaltungen verpasst hat. 2020 könnte für viele das erste Jahr sein, in dem sie ihre Egerländer Tracht nicht ein einziges Mal aus dem Schrank geholt hätten. Für die Foto-Aktion „(K)ein Jahr ohne Tracht“ sind unsere Mitglieder verschiedenster Gmoin in die Tracht geschlüpft, damit auch dieses außergewöhnliche 2020 kein Jahr ohne Tracht bleibt! Die Fotos zeigen uns in alltäglichen Situationen, welche im Jahr der Pandemie von „Social Distancing“ und „Stay Home“ geprägt waren.

Auf ein neues Jahr 2021 mit mehr Normailtät, mehr Bewegung, mehr Tracht und viel Gesundheit!

Egerland-Jugend

 

Und nun ist auch schon der Dezember da,
ein Dezember in einem ganz bizarren Jahr.

Vieles war anders, nichts war gleich,
für einige war es definitiv nicht gerade leicht.

Im Januar wurde noch die Kegelkugel geschoben,
nur wenige Male konnte man sich beim Tanzen austoben,
ab März gab‘s täglich eine neue Corona-Nachricht,
zur Hauptversammlung trafen wir uns also schon nicht.

Das Vereinsleben spielte sich dann nur noch im VKK-Chat ab,
und es dauerte, bis es das nächste Treffen gab.
Es war im Juni am Kuniberg mit Bier in der Hand.
Dort war ein Wiedersehen möglich, natürlich mit Abstand.

Die Gruppenfahrt im Juni wurde abgesagt,
Die Beiratssitzung im September allerdings hat getagt,
im Oktober ließen sich einige auf der Weinfahrt den „Hirn“ schmecken,
ebenfalls lief man durch die Schwarzachschlucht mit Wanderstecken.

Viele gemeinsame Aktivitäten gab es dennoch nicht
und eine Besserung ist leider noch nicht in Sicht.
Aber dennoch lasst uns nicht verzagen,
sondern einen optimistischen Blick in die Zukunft wagen.

Momentan heißt es noch 1,5 m Abstand in jeder Lage,
und morgens im Auto stellt man sich die Frage:
„Hab ich auch die Maske eingepackt?“
Ohne fühlt man sich ja schon fast nackt.

Das sind allerdings Luxusprobleme,
und für manche fühlt es sich an wie Häme,
für diejenigen, die um ihren Job bangen,
und sich fragen: „Wird denn auch das Geld langen?“

Aber die größten Ängste und Bedenken,
gehen nicht um unser Einschränken,
sondern darum, dass jemand erkrankt,
und man um seine Gesundheit bangt.

Liebe Freunde des VKK, bitte bleibt alle gesund,
auch wenn es gerade geht ziemlich rund.
Jetzt müssen alle zusammenhalten
und irgendwann ist hoffentlich wieder alles beim Alten! 🙂

 

Iris Gerstner

 

Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag dramatisch verändert. Unser Vereinsleben steht viel still und die Existenz einiger Trachten- und Volkstanzgruppen ist bedroht. Terminverschiebungen und abgesagte Treffen haben die Mitglieder demotiviert, und so bleibt der Zweifel bestehen, ob sich die Gruppen überhaupt wieder treffen, wenn die Pandemiebeschränkungen es erlauben. Aber wie kann die Volkskultur während und nach der Pandemie erhalten werden?

Einfach abwarten ist keine Option! Veränderungen können, vor allem in der Volkskultur, ein wichtiges Mittel der Inspiration sein. Die Gruppen müssen sich an das “New Normal” anpassen, um zu überleben und Alternativen finden, ihrer Leidenschaft nachzugehen.

„Hin und Weg – das Volkstanzprojekt“ wollte etwas unternehmen, um die Freude am Tanzen auch aus der Ferne am Leben zu erhalten. Aus diesem Grund formulierten wir im Mai 2020 eine Einladung an alle Volkstänzer: sie sollten uns eine Aufzeichnung unserer beliebten Sternpolka zusenden. 

Sternpolka auf der ganzen Welt

Die Herausforderung bestand dann darin, sich auf eine gemeinsame Version des Tanzes zu einigen. Obwohl die Sternpolka in Deutschland, Südamerika, in den USA und in vielen anderen Orten auf der ganzen Welt getanzt wird, ist es selbstverständlich, dass sich verschiedene einzigartige Formen dieses Tanzes entwickeln. Schnell haben wir festgestellt, dass genau diese Diversität das Highlight des Videos werden würde. Auch wenn derselbe Tanz sowohl in Deutschland als auch in Brasilien getanzt wird, hat doch jeder Schritt, jede Bewegung einen eigenen und besonderen Akzent. Diese Variationen der einzelnen Bestandteile bilden zusammen unser multikulturelles Kaleidoskop.

Damit alle Teilnehmer im gleichen Takt tanzen und spielen konnten, nahm Stefanie Januschko mit ihrem Akkordeon das Musikstück als Basis für alle auf. Auf Grundlage dieser einen Musik haben die Tanzenden und Musizierenden ihre eigene Version gefilmt. Das Ergebnis war atemberaubend! Insgesamt 56 Videos aus Deutschland, Österreich, Südtirol, der Schweiz und Brasilien wurden eingeschickt. 7 Musizierende und 68 Tanzende sind in der endgültigen Version zu sehen.

Eine Überraschung war nicht nur die Offenheit der Teilnehmenden unserer Einladung zu folgen, sondern auch die Reaktion des Publikums auf das finale Ergebnis: über 7000 Views auf Facebook, über 3000 auf Youtube und zahlreiche Berichterstattungen auf Websites und in verschiedensten Zeitungen.

UNESCO-Erwähnung:

Derzeit sammelt die UNESCO Erfahrungsberichte aus aller Welt zu den Auswirkungen der Pandemie. Auf ihrer Webseite erzählen diese Beispiele von der eingeschränkten Ausübung des immateriellen Kulturerbes im alltäglichen Leben: sie handeln vom Geigenbau in Italien, von Tanzgruppen in Malaysia bis hin zu digitalen Kunstplattformen in Chile. Groß war die Freude als es auch unser Video “Volkstanz zu Coronazeiten” im Februar 2021 auf diese Website geschafft hatte!

Es ist wohl jedem von uns klar, dass Kulturvermittlung auf Dauer nicht nur online erfolgen kann, trotzdem haben in diesen herausfordernden Zeiten digitale Formate und innovative Ideen die Trachtengruppen zusammengehalten und vielen Menschen geholfen, die soziale Isolation zu überwinden. Das ist ein Beweis, dass das Arbeiten mit Traditionen inspiriert, den Zusammenhalt der Menschen fördert und ihnen Zuversicht gibt.

Was ist Hin&Weg Volkstanz?

„Hin und Weg – Das Volkstanzprojekt“ ist keine Tanzgruppe, sondern eine digitale Plattform, die deutsche Volkstänze, ihre Protagonisten, Kontexte und Bedeutungen in Europa und Lateinamerika erforscht, mit dem Ziel, die verschiedensten Formen des Volkstanzes einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Das Projekt will Entdeckung und Dialog ermöglichen, damit traditionelle Tanzformen in ihrer ganzen Vielfalt ihren Entwicklungsprozess fortsetzen können und nicht in Vergessenheit geraten.

Die Sing- und Spielschar der Böhmerwäldler ist eine Kulturgruppe die zusammen tanzt, singt und musiziert, um das Kulturgut der Böhmerwäldler zu pflegen und zu erhalten. Dazu nimmt die Gruppe an verschiedenen Veranstaltungen teil und pflegt die Gemeinschaft. Niemand dachte daran, dass all das von heute auf morgen nicht mehr möglich sein kann.

Das Jahr 2020 begann gut mit einem schönen Neujahrsempfang der Stadt Ellwangen auf Einladung des neu gewählten Oberbürgermeister Michael Dambacher. Im Februar organisierte die Spielschar eine Kinderbedarfsbörse. Die für den 6. März geplante Tanzprobe wurde bereits abgesagt, weil keiner so genau wusste was da gerade geschah.

Seit diesem Zeitpunkt konnten keine Tanzproben und regelmäßige Treffen stattfinden. Doch die Mitglieder ließen sich nicht unterkriegen und so planten sie mehrere Aktionen um die Gemeinschaft zu erhalten und sich gegenseitig zu unterstützen. Sie wollten füreinander da sein und zusammen, im Rahmen der Möglichkeiten, etwas unternehmen.

Caroline Hasenberger und Jennifer Neuberger nach den Videoaufnahmen

Im Juli war die Teilnahme an der „Europeade für europäische Volkskultur“ in Klaipeda/ Litauen geplant. Es handelt sich dabei um das größte Trachten- und Folklorespektakel Europas, das unter dem Aspekt des Zusammenwachsens der Kulturen Europas jährlich veranstaltet wird. Natürlich wurde die Europeade abgesagt. Dafür organisierte das internationale Europeadekomitee eine „Virtuelle Europeade“. Dazu konnten die Trachtengruppen aus ganz Europa ein Video ihrer Gruppe einsenden. Selbstverständlich beteiligte sich die Ellwanger Spielschar mit ihren Europeadefreunden daran und erstellte ein Video auf dem sie die Bayrisch Polka tanzte. Aufgenommen in den heimischen Wohnzimmern und dann doch per Video vereint.

 

Treffen der Elwanger Spielschar im September 2020

Im September war es endlich so weit, der Verein konnte sich bei schönem Wetter und Abstand zu einem gemütlichen Beisammensein in seinem Vereinsheim treffen. Franziska Bauer meinte: „Es war schön nach sechs Monaten die Freunde und Bekannten der Spielschar zu treffen.“ Bei Kaffee und Kuchen konnten sich die Mitglieder austauschen und erzählen wie ihr persönlicher Alltag momentan aussieht.

Gerade in dieser schwierigen Zeit ist es wichtig die Kontakte auf neuen Wegen zu pflegen und aufrecht zu erhalten. Deshalb organisierte und organisiert die Vorsitzende Claudia Beikircher immer mal wieder Treffen per Skype.

Als ein weiteres Projekt erstellten die Mitglieder zusammen einen „virtuellen Adventskalender“. Jeder der mitmachen wollte, konnte an einem Tag in der Adventszeit etwas zum Thema Advent in die WhatsApp-Gruppe der Spielschar einstellen. Entstanden ist eine bunte Vielfalt an unterschiedlichen Beiträgen.

Es war alles dabei wie, adventliche Bilder, Böhmische Bräuche, vorgelesene Adventsgeschichten, Rezepte aus dem Böhmerwald, Musikbeiträge, Lieder gesungen von Familie Januschko und Lilli und Carla Hasenberger. Sogar der Nikolaus besuchte die Mitglieder virtuell. Alle hatten sich Gedanken gemacht und ein einmaliges „Adventstürchen“ gestaltet, auf das sich die Mitglieder jeden Morgen freuten.

Das Vereinsjahr endete mit einer virtuellen Weihnachtsfeier. Dazu bereiteten einzelne Mitglieder Programmpunkte vor. So trugen Stefanie und Elisabeth Januschko Musikstücke vor, Jennifer Neuberger las eine Weihnachtsgeschichte und Martin Januschko bereicherte die Feier mit Gedichten im Dialekt.

Was bleibt nach einem Vereinsjahr mit der Pandemie? Die Sing- und Spielschar musste auf das gemeinsame Tanzen und Singen verzichten, aber die Gemeinschaft konnte mit kleinen Aktionen gepflegt werden. Jetzt schauen wir  zuversichtlich in die Zukunft, dass wir irgendwann wieder zusammen tanzen, die Tracht tragen und bei Veranstaltungen auftreten können.

Die Gruppe wird stärker sein als die Pandemie!

Jennifer Neuberger